Liegt bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks im Rahmen des § 23 EStG ein privates Veräußerungsgeschäft vor?
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger hatte ein Grundstück, das er 2014 erworben und vermietet hatte, im Jahr 2019 an seine Tochter übertragen. Der Verkehrswert der Immobilie betrug 210.000 €, während die Tochter die darauf lastenden Schulden in Höhe von 115.000 € übernahm. Das Finanzamt (FA) bewertete die Übernahme der Schulden als entgeltlichen Teil der Übertragung und setzte daraus resultierende Einkünfte an. Das Finanzgericht (FG) gab dem Kläger zunächst recht und verneinte einen steuerbaren Gewinn, da die Übertragung unterhalb der historischen Anschaffungskosten erfolgte. Auf Revision des Finanzamtes hob der BFH dieses Urteil auf und bestätigte dessen Steuerfestsetzung.
Entscheidung
- Bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks erfolgt nach Ansicht des BFH eine Aufteilung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert. Diese Methode gilt auch, wenn das Entgelt unter den Anschaffungskosten liegt.
- Der Kläger hatte das Grundstück 2014 erworben und 2019 an seine Tochter übertragen, wobei die Übertragung teilweise durch die Übernahme der Verbindlichkeiten erfolgte. Das Finanzamt und der BFH sehen in dieser Übertragung einen privaten Veräußerungsvorgang, weil die Übertragung innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgte und eine Gegenleistung (Schuldenübernahme) vorlag.
- Das FG hatte zuvor entschieden, dass bei Übertragungen unter den Anschaffungskosten kein Veräußerungsgewinn vorliege, da kein realisierter Wertzuwachs entstehe. Der BFH widerspricht dieser Ansicht und betont, dass die Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert erfolgt und somit ein Veräußerungsgewinn entsteht.
- Der BFH stellt zudem klar, dass die Übernahme von Verbindlichkeiten als Gegenleistung gilt und somit den Veräußerungserlös erhöht. Damit ist der Gewinn aus dem Verkauf der Immobilie als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG steuerpflichtig.
Fazit
Das Urteil bestätigt, dass bei teilentgeltlichen Übertragungen eines Grundstücks aus dem Privatvermögen grundsätzlich eine Besteuerung des Wertzuwachses erfolgt, auch wenn das Entgelt unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt. Die Übernahme von Schulden wird dabei einer entgeltlichen Gegenleistung gleichgesetzt.
Die Entscheidung des BFH verdeutlicht die Bedeutung einer präzisen steuerlichen Abgrenzung bei teilentgeltlichen Übertragungen. Steuerpflichtige sollten sich der Konsequenzen für die Einkommen- und Schenkungssteuer bewusst sein, insbesondere im Kontext der Familiennachfolge.
Belastbare Einschätzung zu Ihrem Anliegen?
Kurzfristig Termin vereinbaren.
Beratungswunsch
Felder mit * müssen ausgefüllt werden.